Schachtanlage Asse

Mindestens einmal im Jahr führt das Institut für Endlagerforschung eine Exkursion in die Schachtanlage Asse durch. In den Jahren 1894 und 1895 wurden in 296 m Teufe durch drei Tiefbohrungen im Höhenzug Asse bei Wolfenbüttel Salzvorkommen nachgewiesen. Im Zuge dessen wurde in der Folgezeit der Schacht Asse I bei Wittmar abgeteuft, über welchen ab 1899 Kalisalz gefördert wurde. Laugenzufluss im Herbst 1905 führte jedoch zu einem Absaufen des Schachtes und des Grubengebäudes, sodass die Grube 1906 gänzlich aufgegeben werden musste. In weniger als eineinhalb Kilometer Entfernung bei Remlingen wurde deshalb von 1906 bis 1908 der Schacht Asse II bis in eine Teufe von 795 m niedergebracht. Von 1909 bis 1925 wurden über diesen Schacht Kalisalze gefördert, wodurch etwa 1 Mio. m³ Hohlraum entstanden. In der Zeit von 1916 bis 1964 wurden außerdem 3,9 Mio. m³ Steinsalz gewonnen, bevor das Bergwerk stillgelegt wurde. Nachdem ein Teil der Hohlräume in den Folgejahren versetzt wurde, beträgt die Größe aller Kammern heute noch etwa 3 Mio. m³.

Mit Planung der ersten deutschen Kernkraftwerke in den 1960er-Jahren, kam schnell die Frage nach der Schaffung eines Endlagers für die anfallenden radioaktiven Abfälle auf. Bereits zu dieser Zeit kam der Salzstock Gorleben als potentieller Standort in Frage. Im Zuge dessen wurde als Prototyp für das Endlager und zur Klärung noch offener technischer Fragen das soeben stillgelegte Bergwerk Asse II durch die Gesellschaft für Strahlenforschung mbH (GSF) im Auftrag des Bundes von der damaligen Eigentümerin der Wintershall zu einem Preis von 700.000 DM abgekauft.

Zwischen 1967 und 1975 wurden in der Asse kostenfrei und entsprechend der Genehmigung ausschließlich schwach- und mittelradioaktive Abfälle ohne nennenswerte Wärmeentwicklung eingelagert, die heute etwa die Hälfte des Abfallinventars ausmachen. Seit Dezember 1975 erfolgte die Einlagerung gemäß einer Gebührenordnung, sodass bis zum Ende der Einlagerung 1978 insgesamt 900.000 DM eingenommen worden sind. Auch in dieser Zeit wurde kein hochradioaktiver Abfall in der Asse eingelagert. 

Mehr als 25 % des Abfallinventars stammen aus dem letzten Betriebsjahr, nachdem bekannt wurde, dass eine über diesen Zeitraum hinausgehende Einlagerung nicht genehmigungsfähig sein würde. Ende 1978 war Deutschland über Tage nahezu frei von schwach- und mittelradioaktiven Abfällen, da sämtliche potentiellen Anlieferer den noch genehmigten Zeitraum für die Annahme der Abfälle auf der Asse ausnutzten.

Der Zutritt von Laugen in die Einlagerungskammern des Endlagers war bereits seit Beginn der Einlagerung bekannt. Die Metallfässer, in denen der Abfall angeliefert wurde, wurden stets nur als Transportbehälter angesehen. Die Korrosion von Metallfässern in salziger Umgebung ist je nach Feuchtigkeit nur eine Frage von Jahren oder wenigen Jahrzehnten. Als erste und wichtigste Barriere zum Einschluss der Radioaktivität sollte das Salz des Salzstocks dienen. Folgende Tabelle gibt das offiziell eingelagerte Inventar an:

Abfalltyp

Zeitraum

Menge

Art der Gebinde

Aktivität

Herkunft

Gebinde mit
schwachradioaktiven Abfällen

1967–
1978

125.787

überwiegend Metallfässer mit Volumina
von 100–400 Litern
oder Betongefäßemit Misch-
und Laborabfällen, Bauschutt,
Schrott, Filter- und Verbrennungsrückständen
sowie Flüssigkeiten
wie Verdampferkonzentrate, Schlämme, Öle, Harze
und Lösemittel, die in Feststoffen gebunden sind

1,8
×1015 Bq

50 % Wieder-aufarbeitungsanlage
des Kernforschungszentrums Karlsruhe, 20 % Kernkraftwerke,
10 % Kernforschungsanlage Jülich, 20 % Sonstige

Gebinde mit
mittelradioaktiven Abfällen

1972–
1977

1.293

200-Liter-Rollreifenfässer, Abfallstoffe
in Beton oder Bitumen fixiert

2,8
×1015 Bq

97 % Wieder-aufarbeitungsanlage des Kernforschungszentrums
Karlsruhe, teilweise mit spaltbarem Material
(weniger als 25 kg Uran und etwa 28 kg Plutonium)

Zwischen 1979 und 1995 wurde die Asse durch das Institut für Tieflagerung als Forschungsbetrieb weitergeführt. In dieser Zeit wurden Techniken zur Verfüllung und zum Verschluss von Bohrlöchern, Kammern, Strecken und Schächten in einem Endlager entwickelt und getestet. Im Frühjahr 1992 kündigte das Bundesministerium für Forschung und Technologie an, geplante Großversuche (u. a. Einlagerung von mittel- und hochradioaktiven Abfällen, ein Versuch zur Erstellung eines Dammbauwerks und ein Versuch zur Lagerung von Pollux-Behältern auf horizontalen Strecken) in der Asse ab 1. Januar 1993 nicht mehr durch Projektmittel zu fördern. 

Zu Beginn der Versuchseinlagerung wurden die Fässer mit den schwachradioaktiven Abfällen senkrecht aufeinander stehend in die ehemaligen Abbaukammern im Steinsalz eingebracht. Das Liegendstapeln der Gebinde mit schwachradioaktiven Abfällen stellte bereits die zweite Phase der Einlagerung dar. In der letzten Phase der Versuchseinlagerung wurden die Gebinde mit schwachradioaktiven Abfällen über eine Salzböschung in die Einlagerungskammer abgekippt und anschließend mit Salzhaufwerk bedeckt. Dabei wurde in Kauf genommen, dass Fässer schon beim Einlagern beschädigt werden. Der Schutz der Mitarbeiter vor radioaktiver Strahlung stand im Vordergrund. Auch die mittelradioaktiven Abfälle wurden in ihren Rollreifenfässern in die Lagerkammer fallen gelassen. Eine Rückholung eingelagerter Abfälle war ausdrücklich nicht vorgesehen.

Seit 1995 befindet sich die Schachtanlage Asse in Vorbereitung zur Schließung. Gemäß eines Berichtes der zuständigen Behörden vom Juni 1993 machen anhaltende Gebirgsbewegungen und Laugenzutritte eine Verfüllung des Endlagers zwingend erforderlich. Mit Wirkung zum 1. Januar 2009 wurde der zwischenzeitlich in HelmholtzZentrum umbenannten Betreibergesellschaft GSF die Zuständigkeit für die Schachtanlage Asse durch zuständige Bundes- und Landesministerien entzogen und dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) übertragen. Inzwischen ist geplant, alle radioaktiven Abfälle aus dem Grubengebäude zu bergen und andernorts endzulagern, anstatt das Versuchsendlager mitsamt der Abfälle dauerhaft und endgültig zu verschließen. Dazu wurde das Gesetz zur Beschleunigung der Rückholung radioaktiver Abfälle und der Stilllegung der Schachtanlage Asse II am 28. Februar 2013 durch den Bundestag beschlossen. Die Kosten werden auf vier bis sechs Milliarden Euro geschätzt und sollen durch den Bund getragen werden. Mit dem Beginn der Rückholung ist aufgrund offener Fragen, Wissenslücken und einem noch zu erarbeitenden Konzept nicht in den nächsten Jahren zu rechnen. Ausführliche Informationen zur aktuellen Entwicklung sind auf der Webseite des gegenwärtigen Betreibers der Asse, der Bundesgesellschaft für Endlagerung mbH zu finden, welche die Schachtanlage Asse am 25. April 2017 vom BfS übernahm.

 

Abfalltyp

Zeitraum

Menge

Art der Gebinde

Aktivität

Herkunft

Gebinde mit
schwachradioaktiven Abfällen

1967–
1978

125.787

überwiegend Metallfässer mit Volumina von 100–400 Litern
oder Betongefäßemit Misch- und Laborabfällen, Bauschutt,
Schrott, Filter- und Verbrennungsrückständen sowie Flüssigkeiten
wie Verdampferkonzentrate, Schlämme, Öle, Harze
und Lösemittel, die in Feststoffen gebunden sind

1,8
×1015 Bq

50 % Wieder-aufarbeitungsanlage
des Kernforschungszentrums Karlsruhe, 20 % Kernkraftwerke,
10 % Kernforschungsanlage Jülich, 20 % Sonstige

Gebinde mit
mittelradioaktiven Abfällen

1972–
1977

1.293

200-Liter-Rollreifenfässer, Abfallstoffe

in Beton oder Bitumen fixiert

2,8
×1015 Bq

97 % Wieder-aufarbeitungsanlage des Kernforschungszentrums
Karlsruhe, teilweise mit spaltbarem Material
(weniger als 25 kg Uran und etwa 28 kg Plutonium)